VerkehrEisenbahn

Amerikanische Expresszüge

Der Stein der Weisen • 1897

Voraussichtliche Lesezeit rund 16 Minuten.

Unter allen gemeinnützigen Einrichtungen des ›Jungen Erdteiles‹ imponiert dem Europäer nichts so sehr, wie das Eisenbahnwesen. Regelmäßig wird das europäische Publikum Jahr für Jahr fünf- oder sechsmal mit Mitteilungen über neue technische Wunderbauten, grandiose Bahnherstellungen, fabelhafte Schnellfahrten u. dgl. m. überrascht. Dabei ist in erster Linie nicht zu übersehen, dass diese Mitteilungen fast ausnahmslos amerikanischen Ursprungs sind und deshalb den Verdacht erwecken, dass sie vorwiegend dem Bedürfnis nach Reklame dienen. SalonwagenDas Innere eines transkontinentalen Salonwagens der Canadian Pacific Railway. Zwar ist nicht zu leugnen, dass in der Bewältigung von Terrain­hinder­nissen die west­ländischen Techniker bisher das Menschenmögliche geleistet haben. Man denke an einzelne Strecken der Union Pacific Railroad und der Central Pacific Railroad, an die gigantischen Stromüberbrückungen usw. Auch in der Entwickelung des Waggonbaues ist Vieles geschehen, und was schließlich die Verwendung von Luxuswagen anbetrifft, die noch vor anderthalb Jahrzehnten eine sehr spärliche war, kann sich kein Land mit der Union messen. In Europa haben sich die Bahnverwaltungen lange gesträubt, diesem Beispiele zu folgen, bis eine Privatgesellschaft – die Compagnie Internationale des Wagons-Lits – dem immer lauter werdenden Bedürfnisse Rechnung trug. Seitdem haben auch mehrere Bahnverwaltungen Luxuswagen in die schnell­fahrenden Züge eingestellt.

In Nordamerika, wo es sich um die Zurücklegung von ungeheuren Strecken handelt, war man von vornherein darauf angewiesen, dem reisenden Publikum größere Bequemlichkeit zu bieten. Aber erst allmählich entfaltete sich jener Komfort, der für die amerikanischen Waggon­einrich­tungen typisch geworden ist. So durften beispielsweise zu Beginn dieser Neuerungen die Schlafwagen in den Tagesstunden nicht betreten werden. Die ›Hotelwagen‹ wurden in der Nachtzeit als Schlafwagen, tagsüber als Speisesäle genutzt. Sie hatten den Übelstand, dass zu einer bestimmten Morgenstunde alle Schläfer aus den Betten sein mussten, damit die Umwandlung vorgenommen werden konnte. Die ›Restau­rations­wagen‹ dienten als solche während der ganzen Fahrt; es gab getrennte Abteilungen für den Frühstücks- und Mittagstisch usw. Heute ist dies, mit geringen Ausnahmen, ganz anders. Die berühmte Pullman Palace Car Company baut Fahrzeuge, welche nur dem Zweck angepasst sind, dem sie zu dienen haben, also: Salonwagen, Speisewagen, Schlafwagen. Letztere können auch tagsüber benützt werden, doch besteht – da Schlaf- und Speiseräume getrennt sind – nicht mehr der weiter oben angeführte Zwang.

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• Auf epilog.de am 4. Juli 2025 veröffentlicht

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