Berlin-Potsdamer Eisenbahn

Die ältere Wannseebahn

Berlin und seine Eisenbahnen • 1896

Im Jahr 1869 wurde dem Direktorium der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn-Gesellschaft von mehreren Seiten, insbesondere auch vom Prinzen Friedrich Karl, der Wunsch nach einer Bahnverbindung von der Station Zehlendorf nach dem Schlachtensee und Wannsee und nach den dort in der Anlage begriffenen Kolonien Düppel und Alsen zu erkennen gegeben. Das Direktorium erbat im November 1869 die Erlaubnis für die Vorarbeiten zu einer solchen Linie, die bei Kohl­hasen­brück wieder in die Stammbahn münden sollte. Die Bahn sollte außer den Anschlussstationen nur zwei Haltestellen – am Schlachtensee und am Wannsee – erhalten und eingleisig, bei doppelgleisigem Grunderwerb, ausgeführt werden. Man wollte damit nicht nur einige der schönsten Gegenden in der näheren Umgebung Berlins dem großen Publikum zugänglich machen, sondern hoffte auch, die Gründung von Sommerfrischen und ländlichen Aufenthaltsorten für den wohlhabenderen Teil der Berliner Bevölkerung zu unterstützen.

Die Genehmigung zu den Vorarbeiten wurde der Gesellschaft im Februar 1870 erteilt, und der Bau der Wannseebahn Zehlendorf – Kohl­hasen­brück am 31. Mai 1871 landesherrlich genehmigt. Die landes­polizei­liche Prüfung der ausführlichen Pläne erfolgte im Jahr 1872. Schon in demselben Jahr entschloss man sich zum sofortigen zweigleisigen Ausbau der Bahn, um nach Herstellung eines dritten und vierten Gleises neben den beiden Hauptgleisen von Berlin bis Zehlendorf und von Kohl­hasen­brück bis Potsdam, unter Hinzunahme der neuen Wannsee­gleise, durchgängig vier Gleise für den Verkehr zwischen Berlin und Potsdam zur Verfügung zu haben. Das von Berlin bis Potsdam selbstständig durchzuführende Gleispaar sollte ausschließlich den Ortsverkehr von Berlin und Potsdam und den dazwischen gelegenen Ortschaften vermitteln, während die beiden anderen Gleise dem Fernverkehr dienten. Im Ortsverkehr sollten zahlreiche, in kurzen Zwischenräumen einander folgende Züge zu wesentlich ermäßigten Preisen – man dachte insbesondere auch an billige Zeitkarten – eingerichtet werden.

Folgende Stationen sollten in den Vorortverkehr einbezogen werden: Schöneberg (Station der Verbindungsbahn), Friedenau, Steglitz, Lichterfelde, Zehlendorf, Schlachtensee, Wannsee, Kohl­hasen­brück (das heutige Neubabels­berg) und Neuendorf. Die durchschnittliche Entfernung zwischen diesen neun Stationen betrug nur etwa 2,9 km.

Die Bauten wurden alsbald energisch in Angriff genommen; wegen der schwierigen und kostspieligen Materialzufuhr in dem waldigen und sandigen Gelände verschob man aber die Herstellung der Hochbauten bis nach Vollendung des ersten Gleises, und so verzögerte sich die Eröffnung der Bahnstrecke Zehlendorf – Kohl­hasen­brück bis zum 1. Juni 1874.

Die Entwürfe für das dritte und vierte Gleis Berlin – Zehlendorf und Kohlhasenbrück – Potsdam kamen zwar im Jahr 1873 noch zur landes­polizei­lichen Prüfung; hierbei wurde indes von der Aufsichtsbehörde die Beseitigung einer großen Anzahl der auf der Stammbahn bestehenden Schienenübergänge gefordert. Die Erfüllung dieser Forderung würde zu einer bedeutenden Erhöhung der Baukosten geführt haben, zu der sich die Bahn um so weniger entschließen konnte, als sich inzwischen ihre Finanzlage wesentlich verschlechtert hatte. Dieses Projekt wurde daher nicht weiter verfolgt, und damit fiel auch der geplante Vorortverkehr. Erst dreizehn Jahre später, im Jahr 1887, nachdem die Eisenbahn längst verstaatlicht war, wurde der Plan des dritten und vierten Gleises wieder aufgenommen und mit der Vollendung der sogenannten neuen Wannseebahn – am 1. Oktober 1891 – durchgeführt.

• Auf epilog.de am 28. Juni 2025 veröffentlicht

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