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IHK-Präsident Horst Kramp vor dem Industrieverband Hamburg

Zum Transrapid gibt es keine gleichwertige Alternative

Berliner Wirtschaft • Dezember 1995

Die Wirtschaft Berlins, so Kramp, hege die Erwartung, dass die Hauptstadt den heute noch spürbaren Standortnachteil seiner im Wettbewerb zu anderen Wirtschaftsmetropolen mangelhaften Einbindung in den nationalen und internationalen Verkehr rasch überwindet durch den Bau eines internationalen leistungsfähigen Großflughafens, durch den Fernbahnausbau und durch die Errichtung der Transrapidstrecke Berlin–Hamburg. Letztere müsse über Berlin hinaus nach Süden weitergeführt werden, um damit auch die Anbindung des neuen Flughafens zu ermöglichen.

Für die Region Berlin-Brandenburg ergeben sich positive wirtschaftliche Aspekte im Zusammenhang mit der geplanten Magnetbahnstrecke. Zu erwarten seien positive Beschäftigungseffekte für die im Streckenbereich ansässigen Firmen nach der Planfeststellung im Jahre 1998 bis zum Betriebsbeginn im Jahre 2005 bei einem Bauvolumen von täglich rund 5 Mill. DM. Gleichzeitig würden nicht nur langfristig neue, gesicherte Arbeitsplätze für den Betrieb und die Wartung der Magnetschnellbahn, sondern auch der Bahnindustrie insgesamt geschaffen. Diese sei schon jetzt im Großraum Berlin u. a. mit den Firmen Thyssen-Henschel, Siemens, ABB/Daimler-Benz Transportation und Deutsche Waggonbau vertreten und sorge nachweisbar für quantitatives und qualitatives Wachstum. Dieses erwarte man nicht nur in den bereits erprobten und in der Entwicklung befindlichen Produkt- und Systembereichen, sondern auch in heute erst angedachten Produkten und Systemen aus noch lange nicht ausgereizter Industrieforschung.

Transrapid vor dem ICCFoto: Magnetschnellbahn Berlin-Hamburg GmbH

Nicht zu vernachlässigen sei auch die touristische Komponente mit all ihren Facetten für den einzeln reisenden Geschäfts- und Privatmann sowie für den Konferenz-, Tagungs- und auch Massentourismus. Die Chance, zwei so bedeutende Metropolen wie Hamburg und Berlin mit sich ergänzenden Sehenswürdigkeiten und wirtschaftlichen Schwerpunkten in einer Zeitachse von nur 60 Minuten verbunden zu wissen, sei für beide Städte ein neuer, gegenüber Konkurrenzstandorten erfolgreich zu nutzender Standortvorteil mit unmittelbaren positiven Auswirkungen nicht nur auf das Hotel- und Gaststättengewerbe und den Einzelhandel.

Verkehrspolitisch gebe es zum Transrapid keine Alternative. Den Transrapidkritikern, die einen Ausbau des konventionellen Schienenverkehrs fordern, hielt er entgegen, dass der Bau einer kompletten ICE-Neubaustrecke im Bundesverkehrswegeplan nicht vorgesehen ist, während die Planungsvorbereitungen zum Transrapid schon weit fortgeschritten sind. Zudem würden, ausgehend von den vorhandenen und geplanten Gleisstrecken IC- und ICE-Züge auf der zweigleisigen Strecke den Regional- und Güterverkehr förmlich von der Strecke fegen. Dies hätten die Transrapidkritiker zu berücksichtigen, die als Varianten einen ICE-Ausbau auf eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h für Neigetechnikzüge, einen Neubau einer 100 km langen Abkürzungsstrecke für den ICE zwischen Wittenberg und Boizenburg oder gar einen kompletten Neubau einer Strecke zwischen Hamburg-Bergedorf und Berlin-Spandau vorschlagen. Hier müsse auch die Kostenseite betrachtet werden, denn wollte man eine zweigleisige Strecke mit zusätzlichen Gleisen ausrüsten, wären Ausgaben in Milliardenhöhe notwendig, die der Bund aufzubringen hätte, während für die Infrastruktur des Transrapid auch in erheblichem Umfang privates Kapital eingesetzt werden soll. Bei der verkehrspolitisch bevorzugten Lösung für die Strecke Berlin-Hamburg werde der Transrapid den schnellen Personen- und Kleingutverkehr übernehmen, während auf der konventionellen Schiene der Regional- und Güterverkehr bedient wird.

Auch in ökologischer Hinsicht bietet der Transrapid durchaus Vorteile. Die schwebende Magnetbahn reduziere die Geräuschbelästigung auf ein geringes Maß. Die Schadstoffemission des Transrapid beschränke sich zudem auf eine zu vernachlässigende Größe des Elektrosmogs. Auch die Landschaft müsse nicht verunziert werden, denn der Fahrweg könne auch ebenerdig oder im Tunnel anstatt aufgeständert geführt werden.

Während in Hamburg mit dem Hauptbahnhof Start und Ziel des Transrapid bereits festgelegt ist, würden in Berlin noch Trassenvarianten geprüft, die zu einem ähnlich günstigen Zielbahnhof führen sollen. Hierbei komme es darauf an, den Zeitvorteil nicht zu gefährden durch eine Weiterfahrt ins Zentrum Berlins ab einem eher peripher gelegenen Transrapidbahnhof. Schließlich würden rund 14,5 Millionen Fahrgäste im Jahre 2010 für die Schnellverbindung zwischen den Zentren der beiden Städte erwartet. In der Diskussion zum Transrapid werde das prognostizierte Aufkommen oft bezweifelt. Ähnlich sei, so Kramp, in den 30er Jahren des 18. Jahrhundert argumentiert worden, als die Eisenbahn eingeführt wurde. Damals hätten selbst Fachleute den verkehrlichen Nutzen der Eisenbahn angesichts des ausgebauten Postkutschensystems bezweifelt. Wie heute habe es auch vor 150 Jahren Unglaube und Bedenkenträger einerseits und unabhängige Unternehmer andererseits gegeben, die – nicht ohne Risiko – eine neue Verkehrstechnologie anboten, verbunden mit der Vorstellung eines wirtschaftlichen Transports, der das Verkehrsaufkommen steigern sollte.

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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