Bau & Architektur

Wohnhaus zu Santiago in Chile

Zentralblatt der Bauverwaltung • 8.10.1881

Wohnhaus zu Santiago in Chile

Der in Santiago lebende deutsche Architekt Stolp hat sich das Verdienst erworben, durch eine Aufnahme, die uns durch die gütige Vermittelung des Auswärtigen Amtes mitgeteilt ist und der wir die beigegebenen Grundriss- und Durchschnittszeichnungen entnehmen, den Typus eines Wohnhauses aus der spanisch-amerikanischen Kolonialzeit zu erhalten, der früher in Chile zahlreich vertreten war, jetzt aber durch die für diese Gegend völlig ungeeignete französische Bauweise ganz verdrängt worden und vielleicht nur noch in diesem einzigen dargestellten Beispiele erhalten ist. Es ist gewiss von hohem Interesse zu sehen, dass die ganze Anordnung dieses Gebäudes eine auffallende Übereinstimmung mit der des antik griechisch-römischen Wohnhauses zeigt, wie wir dieselbe aus vielen Beispielen in Pompeji kennen. – Wie sich dort die Wohnräume um zwei Höfe gruppieren, von denen der vordere dem äußeren, mehr geschäftlichen, der hintere dem inneren Verkehr der Familie und der Haushaltung gewidmet war, so auch hier. In den Höfen bieten, wie dort, ringsum laufende Säulenhallen zu jeder Tageszeit Schatten gegen die glühenden Sonnenstrahlen, und überall kann die Luft frei und ungehindert durchziehen, wodurch wohltuende Kühlung – ja starke Zugluft – bewirkt wird.

Der kaiserliche Minister-Resident in Santiago, welcher das Haus zurzeit bewohnt, berichtet darüber, dass es schon in seiner jetzigen Gestalt sehr angenehm zu bewohnen sei, dass aber seine Anordnung durch geringe Modifikationen des Grundrisses mit allen Anforderungen des modernen Komforts in Übereinstimmung gebracht und zu einem wirklicher. Musterplan für ein Wohnhaus größeren Stiles für Klimate wie diejenigen von Chile, Australien, Nord-Afrika usw. umgestaltet werden könne. Er rechnet dahin die Anordnung von zwei nach den beiden Höfen gehenden Zimmerreihen statt einer in dem Hauptgebäude, die Anlage einer besseren und eleganteren Treppe im Innern dieses Gebäudeteiles, eventuell mit Oberlichtbeleuchtung, und die Herstellung flacher Dächer statt der geneigten auf den Nebengebäuden zur Gewinnung geeigneter Terrassen.

• Auf epilog.de am 1. November 2016 veröffentlicht

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