DaseinsvorsorgeKommunalwirtschaft

Straßenreinigungsmaschine von Whitworth

Illustrirte Zeitung • 5.8.1843

Die Längenangaben und andere Maße des Originaltextes wurden in das metrische System umgerechnet.

Je unzweifelhafter nicht allein die Annehmlichkeit, sondern auch die wohlfahrtspolizeiliche Wichtigkeit gut gereinigter städtischer Straßen ist, und je mehr man sich in wohlgeordneten städtischen Haushalten trotz nicht unbedeutender Kosten befleißigt, diese Bedingung des städtischen Komforts zu erfüllen, um so interessanter ist auch für jedermann die Kenntnis solcher Vorrichtungen, welche die Straßenreinigung mit bedeutender Ersparung von Handarbeit gleichsam selbstwirkend ausführen.

Für Landstraßen kennt man solche Vorrichtungen bereits mehre, und es haben sich in neuerer Zeit besonders die nach schottischen Mustern durch Devilliers, Frimot und Ducrot in einigen französischen Departements ausgeführten und angewendeten Maschinen den gerechten Beifall des Publikums erworben. Indessen kommt es hier nur darauf an, die erweichte, schlammige Schicht durch eine kratzende Wirkung – die hier ebenfalls von der Bewegung des als Basis dienenden und durch Pferde gezogenen Karrens ausgeht – abzulösen und zur Seite der Straße anzuhäufen. Von einer für städtische Straßen berechneten Maschine verlangt man mit Recht eine eigentlich bürstende, gründlichere und den Vertiefungen sich anschmiegende Wirkung und zugleich die gänzliche Beseitigung des Unrats.

Die Maschine soll also die Straße nicht allein kehren, sondern auch zugleich den Unrat aufladen und fortschaffen. Die vor einigen Monaten von Whitworth in Manchester ausgeführte und dort sowohl, als in der Regent Street und den anliegenden Straßen Londons praktisch geprüfte Maschine, von welcher nachstehende Abbildung eine Ansicht gibt, scheint diesen Bedingungen zu entsprechen.

StraßenreinigungsmaschineWhitworths Straßenreinigungsmaschine

Sie besteht aus einem sehr niedrig hängenden Kastenkarren, welcher von einem oder zwei Pferden fortbewegt wird, und an dessen hinterem Teil eine schräg nach der Straße herablaufende hölzerne Rinne von der Breite des Karrens, so wie über dieser Rinne ein bedeckender Mantel angebracht ist, dergestalt, dass beide Teile einen ziemlich geschlossenen, einerseits auf der Straßenfläche, andererseits in dem Karren sich öffnenden Kanal bilden. In diesem Kanal bewegt sich ein um zwei Walzen – eine obere und eine untere – gespanntes, mit quer laufenden Drahtbürsten besetztes endloses Band. Die obere Walze wird durch einen Riemen, welcher um die Achse der Karrenräder und eine an ihrer verlängerten Achse sitzende Rolle geschlungen ist, in Umdrehung versetzt, sobald sich der Wagen bewegt, und zwar in dem Sinne, dass die Bürsten kontinuierlich von oben her zu der unteren Öffnung hervortreten, unter einem durch Gewichte beliebig zu bestimmenden Druck über die Straße wegstreifen und den mitgenommenen Unrat im untern Teil der Rinne in die Höhe schieben, bis er oben in den Karren entleert wird.

Im Karren selbst sondert sich das Flüssige vom Festen und Ersteres kann von Zeit zu Zeit durch einen in der gehörigen Höhe über dem Boden angebrachten Hahn in die nächste Kloake entleert werden. Durch einen Hebel kann übrigens, wenn der Karren voll ist und der gesammelte Unrat abgefahren werden soll, der ganze Bürstapparat gehoben und außer Berührung mit der Straße gebracht werden. Das eine Karrenrad trägt innerlich ein Zahnrad, und dieses wirkt auf ein Zeigerwerk dergestalt, dass man die vom Karren zurückgelegte Weglänge, welche, mit der Bürstenbreite multipliziert, die gereinigte Straßenfläche ergibt, kontrollieren kann. Die zweckmäßige Geschwindigkeit ist die von 2 engl. Meilen [rund 3,2 km] in der Stunde (250–300 Meter in der Minute) – bei dieser kann man also mittelst der einen Meter breiten Bürsten rund 100 m² Straßenfläche in der Minute vollständig reinigen, so dass in diesem Fall von einem Fuhrmann und zwei Pferden die Arbeit von mindestens 30 Tagelöhnern geleistet wird.

Entnommen aus dem Buch:
Die ›Zeitreisen‹ knüpfen an die Tradition der Jahrbücher und Zeitschriften ›zur Bildung und Erbauung‹ aus dem 19. Jahrhundert an. Eine bunte Auswahl von Originalartikeln begleitet den authentischen und oft überraschend aktuellen Ausflug in die Geschichte.Kultur- und Technikgeschichte aus erster Hand, behutsam redigiert, in aktueller Rechtschreibung und reichhaltig illustriert.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 148 Seiten | ISBN: 978-3-7562-0128-0

• Auf epilog.de am 27. Juni 2016 veröffentlicht

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