Bau & ArchitekturTunnel

Pyrenäen-Tunnel

Zentralblatt der Bauverwaltung • 22.10.1881

Ein großartiger Plan, zu dem die Anregung aus Spanien kommt, soll in Angriff genommen werden: es handelt sich um nichts weniger als die Durchbohrung der Pyrenäen, um die Hindernisse, die dieses unwegsame Gebirge bisher dem Verkehr zwischen Frankreich und Spanien entgegensetzte, in gleicher Weise zu besiegen, wie dies beim Mont Cenis und Gotthard geschehen ist. Am 14. Oktober 1881 hat König Alfons einen hierauf bezüglichen Gesetzentwurf unterzeichnet, der demnächst den Cortes vorgelegt werden soll. Das Ministerium ersucht darin die Cortes, ihm behufs Verhandlungen mit der französischen Regierung Vollmacht zu erteilen. Spanien beabsichtigt, die Bahnlinie von Huesca über Ayerbe, Caldearenas, Jaca und Canfrane der französischen Grenze zuzuführen und die Pyrenäen in der Gegend des Col de Homport zu durchbohren. Die Linie würde also auf französischer Seite ins Gavetal nach Oloron führen. Die Hälfte der Bohrungskosten will Spanien tragen, während. Frankreich die andere übernehmen soll. Die Wichtigkeit dieses Unternehmens ist ohne weiteres einleuchtend, wenn man bedenkt, dass die Pyrenäen eine fortlaufende Schienenverbindung bisher nur im äußersten Westen und Osten der spanisch-französischen Grenze über Bayonne und Perpignan zuließen. In den Zentral-Pyrenäen ist aber jede Verbindung im Sommer schon schwierig, im Winter aber meist unmöglich, so dass der Handelsverkehr zwischen den Grenzgebieten gänzlich stockte, da er gezwungen war, über Bayonne oder Perpignan zu geben, ein Umweg, der den Handel mit vielen Waren nicht mehr lohnend erscheinen ließ. Dieser Übelstand würde durch einen Tunnel, der außerdem den Weg von Paris nach Madrid um 100 km verkürzen würde, gehoben werden, und es ist daher begreiflich, dass man in Paris den spanischen Vorschlag, an dessen Annahme in den Cortes nicht gezweifelt wird, sehr freundlich aufnimmt und alles mögliche Entgegenkommen französischerseits in Aussicht stellt. Nach Absicht der Spanier soll der Tunnel einen internationalen Charakter haben.

• Köln. Ztg.

 
Entnommen aus dem Buch:
Die ›Zeitreisen‹ knüpfen an die Tradition der Jahrbücher und Zeitschriften ›zur Bildung und Erbauung‹ aus dem 19. Jahrhundert an. Eine bunte Auswahl von Originalartikeln begleitet den authentischen und oft überraschend aktuellen Ausflug in die Geschichte. Kultur- und Technikgeschichte aus erster Hand, behutsam redigiert, in aktueller Rechtschreibung und reichhaltig illustriert.
  PDF-Leseprobe € 14,90 | 124 Seiten | ISBN: 978-3-7543-5702-6

• Auf epilog.de am 3. November 2016 veröffentlicht

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