Handel & Industrie

Weltausstellung in Philadelphia

Preis für die Gebrüder Steinway

Über Land und Meer • 15.10.1876

Auf der Weltausstellung in Philadelphia haben in ihrer Branche – einer Branche, die immerhin ihre Wichtigkeit besitzt, – die Fortepianos der Gebrüder Steinway aus New York den Preis davon getragen. Es ist wohl wenig bekannt, dass die Inhaber dieser weltberühmten Fabrik, der größten der Welt in ihrer Branche, Deutsche sind, die aus dem Braunschweigischen stammen.

Fabrik der Gebrüder SteinwayFabrik der Gebrüder Steinway in New York.

Seit Gründung der Fabrik im Jahr 1858 durch Heinrich Steinway, welcher in Goslar die Tischlerei und das Orgelbauen erlernte, hat diese Riesenfabrik, worin 750 Arbeiter beschäftigt werden, 35 000 Instrumente geliefert. Im Jahr 1875 allein wurden 2600 Instrumente gebaut und zum Preise von 3 Mill. $ verkauft. Die Gesamtbodenfläche des sechs Stockwerke hohen, auf das Solideste im neuen italienischen Stil erbauten New Yorker Fabrikgebäudes beträgt über 16 000 m². Hinter demselben sind große Flächen, auf welchen fortwährend über 1 Mill. Meter Holz unter freiem Himmel zum Lufttrocknen aufgestapelt sind. Jedes einzelne Stück Holz ist hier zwei Jahre lang dem Einfluss des Witterungswechsels ausgesetzt, bevor es nach den Dampftrockenräumen geht, um nach drei Monaten in der Fabrik verarbeitet zu werden. In Astoria, der Stadt New York gegenüber, besitzen die Gebrüder Steinway eine Sägemühle, eine Eisen- und Messinggießerei und Schmiedewerke. Dem Erfindungsgeist, der Tatkraft und dem feinen Tonsinn des alten, nach einem vielbewegten Leben im Jahr 1871 gestorbenen Steinway, und dem Fleiß und Geist seiner Söhne, namentlich des in der Musik bewanderten Theodor, verdankt man außerordentliche Verbesserungen an den Klavierinstrumenten.

Außer den erwähnten Gebäuden und Flächen besitzt diese Firma ein fünf Etagen hohes Verkaufshaus mit großartiger Marmorfront, mehrere kleinere Konzerträume und einen prächtigen, seinesgleichen suchenden Kunsttempel, der eine Orgel mit 42 Registern hat und etwa 3000 Zuhörer fasst. Diese Steinway-Hall, in welcher die großen Virtuosen und Komponisten aufzutreten pflegen, gehört zu den Sehenswürdigkeiten New Yorks. Innerhalb eines viertel Jahrhunderts hat sich der arme deutsche Tischler zum bedeutendsten und reichsten Instrumentenmacher der Welt aufgeschwungen.

Entnommen aus dem Buch:
Die ›Zeitreisen‹ knüpfen an die Tradition der Jahrbücher wie ›Das neue Universum‹ oder ›Stein der Weisen‹ an. Eine bunte Auswahl von Originalartikeln begleitet den authentischen und oft überraschend aktuellen Ausflug in die Geschichte.Kultur- und Technikgeschichte aus erster Hand, behutsam redigiert, in aktueller Rechtschreibung und reichhaltig illustriert.
  PDF-Leseprobe € 18,90 | 196 Seiten | ISBN: 978-3-7543-9786-2

• Auf epilog.de am 30. August 2017 veröffentlicht

Reklame