Forschung & TechnikWissenschaft

Prähistorisches Wohn-Stall-Haus aus der Eisenzeit in Berlin-Buch entdeckt

tvi.ticker • 4. August 2006

Archäologen des Landesdenkmalamtes Berlin konnten im Sommer 2006 in Berlin-Buch den Grundriss eines germanischen Wohn-Stall-Hauses aus der Eisenzeit nachweisen. Die im Erdreich entdeckten Spuren belegen, dass das teils als Wohnhaus, teils als Stall genutzte Haus mit 21 × 5 m ungewöhnlich groß war. Die Experten datieren es in die Zeit 481 – 412 vor Christus. Es gehört damit zu dem älteren der beiden prähistorischen Dörfer in Buch. Von dessen Existenz wussten die Archäologen zwar durch frühere Grabungen, hatten bisher aber nur Hinweise auf Abfallgruben oder Feuerstellen gefunden und keine Spuren eines Wohnhauses.

Für die Archäologen hat der Fund große Bedeutung: Mit der Datierung des Langhauses in die Eisenzeit wird eine Lücke in der archäologischen Hausforschung geschlossen. Bisher war bei Ausgrabungen zwischen Elbe und Oder im Bereich der neuen Bundesländer noch kein so gut erfasster und großer Hausgrundriss aus jener Zeit entdeckt worden.

Die Auswertung der gefundenen Spuren ergab, dass das Wohn-Stall-Haus aus Holz in Pfostenbauweise errichtet worden war. Die Holzpfosten der Außenwände standen sehr dicht, ihr Abstand betrug in der Regel nur 0,8 m. Zwischen den Pfosten wurden Flechtwerkwände errichtet, die man mit Lehm verstrich. Die Längswände des Hauses waren in Ost-West-Richtung errichtet und die Eingänge zum Wohnbereich und Stall lagen vermutlich auf der Südseite. Eine Trennwand gliederte das Langhaus in zwei Räume. Bei dem kleineren Raum, der 5 × 5 m groß war, handelte es sich vermutlich um den Wohnbereich, bei dem größeren Raum um den Stall. Die kleinen Ausmaße des Wohnraums waren in der kalten Jahreszeit günstig, weil der Raum sich besser beheizen ließ. Außerdem spielte sich das Leben der Bewohner vorwiegend im Freien ab.

Die Datierung in das 5. vorchristliche Jahrhundert gelang mit Hilfe von 13C- und 14C-Untersuchungen (Messung der radioaktiven Kohlenstoffisotope). Untersucht wurden Holzkohlepartikel, die sich glücklicherweise in verschiedenen Pfostenstandgruben erhalten hatten. Die Untersuchungen führte das Leibnitz-Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung der Christian-Albrechts-Universität Kiel durch. Obwohl nur wenige Gramm Holzkohle geborgen werden konnten, reichten diese aus, um die überraschend frühe Entstehungszeit des Hauses zu belegen.

Für kommende Baumaßnahmen wurde die Ausgrabungsfläche südlich der Straße ›Am Sandhaus‹ inzwischen wieder zugeschüttet. Aber die Archäologen planen, das Haus als Modell im Maßstab 1:20 zu rekonstruieren. Zusammen mit Modellen von Haustypen aus der Zeit des jüngeren Germanendorfes soll es im nächsten Jahr im Rahmen einer Ausstellung über die Ergebnisse der langjährigen Grabungen in Buch gezeigt werden. Die dort gemachten Funde der vergangenen zwei Jahre haben das Wissen über das Leben in den germanischen Siedlungen zwischen Elbe und Oder sehr erweitert. Sie brachten wichtige Erkenntnisse zum Hausbau, zur Wirtschaftsweise und zur Ernährung der germanischen Bewohner. Derzeit ist an der TU Berlin eine Pollenanalyse in Arbeit, die für das Untersuchungsgebiet eine Vegetationsgeschichte nach der letzten Eiszeit ermittelt. Sie wird Aufschluss darüber geben, welche Nutzpflanzen in prähistorischer Zeit angepflanzt wurden.

Da die Siedlungsgrenzen der beiden germanischen Dörfer in Buch noch nicht erreicht sind, wird die Ausgrabung im nächsten Jahr sehr wahrscheinlich fortgesetzt.

Quelle: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung • Berlin

• Auf epilog.de am 9. August 2006 veröffentlicht

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