DaseinsvorsorgeStadtentwicklung

Bewag und Denkmalschutz arbeiten gemeinsam

Neues Leben in Industriedenkmalen

Berliner Wirtschaft • Mai 2000

Zwölf denkmalgeschützte Gebäudekomplexe der Bewag stehen jetzt für eine neue Nutzung offen. Der Berliner Energieversorger will seine Stützpunkte, Umform- und Abspannwerke, die am 12. April 2000 in einer Pressekonferenz präsentiert wurden, in Abstimmung mit den Berliner Denkmalbehörden durch Nutzung für neue Zwecke der Nachwelt erhalten. Da es sich bei den Objekten um Unikate in teilweise sehr günstigen Lagen handelt, sieht die Bewag für die Bauwerke gute Chancen am Immobilienmarkt.

Historische Bauten als positiver Standortfaktor

Nachdem die Bewag in den vergangenen Jahren durch kontinuierliche Instandhaltungsmaßnahmen die Gebäude bautechnisch gesichert hat, arbeitet sie nun an Nachnutzungskonzepten. Sie sollen auch ein wirtschaftliches Fortbestehen der Baudenkmale ermöglichen. Gelingt es, die diesen Industriekomplexen innewohnende Ausstrahlung über die neue Nutzung hinaus zu erhalten, könnte das jeweilige historische Gebäude zu einem wichtigen Standortfaktor für das betreffende Viertel werden.

Kooperation mit den Denkmalbehörden

In enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden des Landes Berlin, dem Landesdenkmalrat und unter Einbeziehung freier Architekten wurden Konzepte erarbeitet, um für die nicht betriebsnotwendigen Werke Nutzungen zu finden, die sowohl den gestalterischen Anforderungen genügen als auch technisch und wirtschaftlich realisierbar sind. Die jeweilige städtebauliche Einbindung erfordert dabei individuelle Planungen. Die Konzeption der Bewag sieht deshalb vor, die hohe architektonische Qualität dieser Bauten durch zeitgemäße Nutzungen zu erhalten und weiterzuentwickeln. Insbesondere die Kombination aus hochwertigen ›loftähnlichen‹ Flächen und objektspezifischen Sonderräumen bieten ein hohes Nutzungspotenzial insbesondere für Firmen der Telekommunikation und Informationstechnologie. Aber auch Einzelhandels-, Gastronomie- und weitere Freizeitnutzungen seien durchaus denkbar, betont Hans-Jürgen Cramer, Mitglied des Vorstandes der Bewag. Die nutzbaren Gebäudeflächen an den einzelnen Standorten bewegen sich nach Angaben von Hans Achim Grube, Leiter Immobilien und allgemeine Dienste der Bewag, zwischen 2000 m² und 6000 m². Der Verkaufspreis werde 1500 bis 3000 DM/m² betragen, hinzu kämen für die Käufer Investitionskosten in die Gebäude zwischen 1200 und 2000 DM/m².

Abspannwerk WilhelmsruhFoto: BewagDas Abspannwerk Wilhelmsruh gehört zu den Industriedenkmalen, die die Bewag duch zeitgemäße Nutzungen erhalten und weiterentwickeln will.

Bis langfristige Nutzungskonzepte und Nutzer gefunden sind, ist darüber hinaus auch eine temporäre Verwendung dieser eindrucksvollen Baudenkmale als Veranstaltungsorte möglich. Das ehemalige Abspannwerk Buchhändlerhof beherbergte bereits einige Jahre lang die Techno-Disco ›E-Werk‹.

Gefragte Standorte

Dass die Bewag mit ihrem Konzept auf dem richtigen Weg ist, zeigt die Tatsache, dass bereits an vier Standorten neues Leben erwacht ist: Ins Umspannwerk in der Alten Jacobstraße ist ein Call Center eingezogen, ins ehemalige Abspannwerk Leibnitz zieht die Firma Meta Design mit 200 Mitarbeitern ein, das Gebäude in der Suarezstraße wird für moderne Büros genutzt und das Kraftwerk am Schiffbauerdamm ist jetzt ein RTL-Standort. Neue Nutzer werden jetzt gesucht für die Abspannwerke Kottbusser Ufer (Paul-Lincke-Ufer 20-22), Wilhelmsruh (Kopenhagener Straße 83-101), Marienburg (Marienburger Straße 23), Scharnhorst (Sellerstraße 16-26), Buchhändlerhof (hinter Mauerstraße 78-80), Uklei (Am Juliusturm 2-8), Kreuzberg (Bergmannstraße 5-7), Oberspree (Wilhelminenhofstraße 78) für das Umformwerk Prenzlauer Allee (Prenzlauer Allee 33), für die Stützpunkte Neukölln (Richardstraße 20) und Köpenick (Lindenstraße 33) sowie für das Gleichrichterwerk Zehlendorf (Machnower Straße 83).

Senatsbaudirektor Dr. Hans Stimmann verdeutlichte am Beispiel des Abspannwerkes Buchhändlerhof die Entwicklungsgeschichte dieser denkmalgeschützten Bauten: »Wir sind hier an einem Ort, der wie kaum ein anderer in dieser Stadt die Entwicklungsgeschichte der Berliner Stromversorgung repräsentiert. Diese bereits 1885/86 errichtete Maschinenhalle der ehemaligen Zentralstation II ist neben den baulichen Resten der Zentralstation IV am Schiffbauerdamm das einzige erhaltene Zeugnis einer Berliner Blockstation. Mit diesen Blockstationen begann die Geschichte der Berliner Stromversorgung.« Die Anlagen sind ausnahmslos von dem damaligen Leiter der Bauabteilung der Bewag, Hans Heinrich Müller, von 1924 bis 1930 geplant worden und umfassen Areale mit einer Grundstücksgröße zwischen 1500 und 15 000 m².

• Thomas Ebelt

• Auf epilog.de am 15. Mai 2000 veröffentlicht

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