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Deutsche Bahn AG modernisiert Bahnhöfe

Neue Visitenkarte für Eisenbahn und Stadt

Berliner Wirtschaft • Januar 1998

Voraussichtliche Lesezeit rund 4 Minuten.

Mit den modernen Zügen und Schnellfahrstrecken hat der Standard der Bahnhöfe der Deutschen Bahn AG oft nicht Schritt gehalten. Die 6154 Stationen der DB haben ein Durchschnittsalter von 84 Jahren. Spektakulären Projekten wie der jetzt abgeschlossenen Renovierung des Hauptbahnhofs in Leipzig steht ein Instandhaltungsrückstau von 30 Mrd. DM gegenüber. Daher hat die DB AG am 9. Dezember 1997 in Berlin ein Programm für die modellhafte Modernisierung von 27 Passagierbahnhöfen in ganz Deutschland vorgelegt. Die Bahn will ihre Bahnhöfe schrittweise zu attraktiven Verkehrsdrehscheiben mit zukunftsweisender Kombination von DB-Dienstleistungen und ergänzenden Angeboten von Dritten entwickeln. In Berlin gehören der ›Hauptbahnhof‹ und die Bahnhöfe Zoo und Lichtenberg zum Modernisierungsprogramm.

Das Programm sieht vor, die alte Bausubstanz der Bahnhöfe zu sanieren und Raumaufteilung und Angebote auf die heutigen Bedürfnisse der Reisenden abzustimmen. DB-Service-Einrichtungen, wie Reisezentrum oder Service-Point, werden an zentraler Stelle platziert. Die Tradition der Wartesäle lebt mit unterschiedlichen Angeboten für die verschiedenen Gruppen Reisenden wieder auf, u. a. durch eine Lounge für Geschäftsreisende in größeren Bahnhöfen oder durch Spielecken für Kinder. Die Zugänge zu den Bahnsteigen werden mit Rolltreppen und Aufzügen bequem gestaltet. Hinzu kommt ein neues Informations- und Wegeleitsystem. Je nach Größe des Bahnhofs sollen neben Gastronomie und Einzelhandel auch Dienstleister wie Rechtsanwälte und Ärzte sowie kommunale Einrichtungen und Tourismusbüros angesiedelt werden. Veraltete Toiletten werden durch neue, hygienische Anlagen vom Typ ›Reisefrische‹ ersetzt. In ›3-S-Zentralen‹ großer Bahnhöfe wird in Zukunft das für Service, Sicherheit und Sauberkeit zuständige Bahnhofsteam seine Aufgaben koordinieren.

Auch der Bahnhofsvorplatz soll in die Neugestaltung einbezogen werden. Dabei ist ein bequemer Übergang zum öffentlichen Personennahverkehr, Taxen, Mietwagen, Auto oder Fahrrad ein wichtiges Ziel. In die Erneuerung der drei Berliner Bahnhöfe, die Teil des Modernisierungsprogramms sind, will die Bahn in den kommenden Jahren 120 Mill. DM investieren.

Berlin-Ostbahnhof

OstbahnhofFoto: I.T.C./Deutsche Bahn AGFür Nah- und Fernverkehrszüge wird der Ostbahnhof im Mai wieder eröffnet. Neu gestaltet wird das Empfangsgebäude ab Herbst diesen Jahres.

Der Ostbahnhof wird nach Ende der umfassenden Gleisarbeiten im Rahmen der Stadtbahnsanierung im Mai wieder für den Fernverkehr geöffnet. Dann werden rund 110 Fern- und Nahverkehrszüge und die S-Bahn etwa 110 000 Reisende am Tag zu diesem Bahnhof bringen. Im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen erhält der Bahnhof ein neues Reisezentrum, einen Wartebereich und neue Toiletten vom Typ ›Reisefrische‹. Im Untergeschoss ist ein rund 4300 m² großer Verbrauchermarkt geplant; im Obergeschoss entsteht eine einheitliche Fläche für einen attraktiven Fachmarkt. In der Haupthalle ist eine Passage mit kleinen Läden für Einzelhandel und Dienstleistungen geplant. Angrenzend an das Empfangsgebäude soll ein Büro- und Hotelkomplex, das Minerva-Gebäude entstehen. Es werden Betreiber mit modernen Konzepten für die Bereiche Gastronomie, Stehgastronomie, Dienstleistung, Nonfood (Mode, Accessoires usw.) sowie für Supermärkte und Fachmärkte gesucht. Mietflächen zwischen 20 m² und 4000 m² können bereitgestellt werden. Die Renovierungsarbeiten beginnen voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres. Sie sind auf zwei Jahre angesetzt.

Berlin Zoologischer Garten

Der Bahnhof Zoo ist mit 800 Fern- und Nahverkehrszügen sowie der S-Bahn, die täglich rund 150 000 Reisende dorthin bringen, der derzeit am meisten frequentierte Verkehrsknotenpunkt in Berlin. Er wurde bereits 1994 im vorderen Empfangsbereich umfassend modernisiert. Nun sollen auch die übrigen Bereiche übersichtlicher gestaltet werden und die Zwischenebene sowie die Zooterrassen neu gestaltet werden. Im Bereich der Zooterrassen ist eine DB-Lounge vorgesehen. Der östliche Bahnsteigzugang erhält einen Durchgang zur Haupthalle. Außerdem soll am Nordende zur Terrasse ein neuer U-Bahn-Zugang entstehen und das Umsteigen auf den Bus erleichtert werden. Geplant ist zudem das vorhandene Dienstleistungs- und Einzelhandelsangebot durch die Bereiche Gastronomie, Stehgastronomie, Dienstleistungen, Drogerie, Textil, sowie Schuhe und Sport zu ergänzen. Dafür stehen Mietflächen zwischen 15 m² und 600 m² zur Verfügung. Der Baubeginn ist für das dritte Quartal dieses Jahres und die Eröffnung für das zweite Quartal 2000 geplant.

Bahnhof Lichtenberg

Rund 60 000 Reisende kommen täglich mit rund 150 Fern- und Nahverkehrszügen sowie der S-Bahn zum Bahnhof Lichtenberg. Er wird vor allem von Berufspendlern stark benutzt. Die jetzt vorgesehenen Erneuerungsmaßnahmen sehen vor allen die Erleichterung des Bahnsteigszugangs und die Einrichtung einer neuen Toilettenanlage vom Typ ›Reisefrische‹ vor. Für das 1980 gebaute und heute noch nicht in allen Teilen optimal genutzte Bahnhofsgebäude ist eine bessere Erschließung und Nutzung der vorhandenen Flächen geplant. Neue, große Öffnungen im Bereich der Empfangshalle bringen in Zukunft Tageslicht in das Untergeschoss, das gleichzeitig durch neue Treppenanlagen und Rolltreppen besser erreichbar wird. Für Handel und Dienstleistungen sucht die Bahn noch Betreiber in den Bereichen Unterhaltungselektronik, Dienstleistungen im Bereich der Gesundheit (Apotheke, Reformhaus), sowie Betreiber von Supermärkten. Es stehen Mietflächen zwischen 25 m² und 1300 m² zur Verfügung. Die Modernisierung des Bahnhofs Lichtenberg soll im vierten Quartal dieses Jahres beginnen und im ersten Quartal 2000 abgeschlossen sein.

Das Modernisierungspaket der DB AG umfasst neben den drei Berliner Bahnhöfen die Bahnhöfe Frankfurt/Oder und Oranienburg in Brandenburg sowie die Hauptbahnhöfe in Aachen, Bielefeld, Bochum, Bremen, Gelsenkirchen, Kiel, Koblenz, Lübeck, Mainz, Mannheim, Münster, Nürnberg, Rostock, Weimar und Wiesbaden, darüber hinaus die Bahnhöfe Hamburg-Dammtor, Mühlheim, Oberstdorf, Oldenburg, Plauen, Siegburg und Stralsund. Nach Angaben der DB werden die Kosten für die Sanierung dieses Pakets, in dem profitable und weniger profitable Stationen zusammengefasst wurden, rund eine Milliarde DM betragen. Sie sollen zu etwa 60 % durch die Beteiligung privater Investoren aufgebracht werden. Es ist vorgesehen, die Baumaßnahmen zum Jahr 2001 abzuschließen. Über dieses Sanierungsprogramm hinaus werden in Berlin bis zum Jahr 2000 eine ganze Reihe weiterer Bahnhöfe wiedereröffnet: Alexanderplatz, Friedrichstraße und Jannowitzbrücke im März dieses Jahres, Hackescher Markt und Spandau zwei Monate später im Mai sowie der neue Lehrter Stadtbahnhof [seit 2002: Hauptbahnhof] im Dezember 1999.

• Hans-Michael Drutschmann

• Auf epilog.de am 9. Januar 1998 veröffentlicht

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