Bau & ArchitekturSakralbauten

Die Moschee des Sultans Achmed zu Konstantinopel

Pfennig Magazin • 4.5.1833

Die Gotteshäuser der Mohammedaner, in welchen sich dieselben jeden Freitag zum Gebet versammeln, heißen Moscheen. Die hohen Türme, die an den Seiten des Doms dieser Gebäude emporsteigen, werden Minarett genannt; außen um dieselben laufen Galerien, Ringen ähnlich, herum. Hierher begibt sich täglich fünfmal der Muezzin und lässt den feierlichen Ausruf (Adhan) vernehmen, wodurch er die Gläubigen zum Gebet ruft.

Moschee des Sultans Achmed zu Konstantinopel

Die hier dargestellte Moschee wurde im Jahr 1610 durch Sultan Achmed gegründet; dieser Fürst betrieb den Bau derselben mit solchem Eifer, dass er in eigener Person jeden Freitag an den Arbeiten teilnahm. Sie steht auf der Südseite des Atmeidan (Hippodroms, Rennbahn), und ist unter allen Moscheen Konstantinopels und des ganzen osmanischen Reichs die Einzige, welche sechs Minaretts hat, d. h. zwei mehr als die Sophienkirche (Hagia Sophia), die Suleimanie, ja selbst als die Moschee des heiligen Hauses der Kaaba zu Mekka. Auf einer erhöhten Terrasse erbaut, besteht sie bloß aus zwei großen Vierecken, von denen eines die Moschee selbst, das Andere den Vorhof bildet. Dieser misst von dem auf den Atmeidan führenden Mitteltor bis zu dem gegenüber befindlichen Haupteingang der Moschee 56 Schritte in der Länge und 77 in der Breite. Die Moschee selbst hat 100 Schritte im Geviert. Das Auffallendste an derselben sind vier ungeheuere Säulen, von denen jede aus drei Teilen besteht, und die im Vergleich zu ihrer Länge unverhältnismäßig dick sind. Der Umfang einer jeden misst 56 Ellen; sie tragen den Dom und erheben sich von außen an den vier Seiten desselben, wie eben so viele Türmchen. Die Kuppel des großen Doms ist von 4 Hauptkuppeln umgeben, an deren jede zwei kleine ganz runde Kuppeln stoßen, welche gerade hinter den vier ungeheuren Säulen die vier Ecken der Moschee bilden. Diese erscheint also von außen neunfach gewölbt, gleich dem Dom der neun Himmel nach der Lehre des Koran. Auf beiden Seiten der Moschee rechts und links läuft eine doppelte Galerie, eine äußere und eine innere, hin, in denen unten Bänke für die Leser des Korans, und oben Schatzgewölbe, zur Bewahrung von Gold und anderen Kostbarkeiten, angebracht sind.

Wegen der schönen Lage am Atmeidan und der überall offenen und freien Verbindungen ist diese Moschee der Schauplatz großer Kirchenfeste und feierlicher Hofaufzüge. Dorthin begibt sich der Sultan, von seinem ganzen Hofstaat begleitet, an den zwei großen Festen des Bayram (dem großen und kleinen Fasten), um das Fastengebet zu verrichten. Von hier aus finden der festliche Auszug der Pilgerkarawane nach Mekka und die feierliche Versammlung des Hofes und aller Staatsbehörden statt, um das Mewlüd oder den Geburtstag des Propheten Mohammed zu feiern.

In der Mitte des Hofs der Moschee ist ein Springbrunnen aus Marmor und die Türen sind aus geschlagenem Kupfer. Im Inneren der Moschee sind die Mauern al fresco gemalt; man sieht daselbst vergoldete Tafeln mit arabischen Aufschriften hängen. Die Fenster sind aus buntem Glas.

Die Minaretts sind sehr hoch; vom Marmarameer aus gesehen macht die Achmeds einen bewundernswürdigen Eindruck, und gewährt einen herrlichen Genuss. Man gerät in Entzücken, wenn man die Halbkuppeln betrachtet, welche, sich eine auf die andere stützend, stufenweise nach den Gesetzen der Perspektive aufeinanderfolgen, und zuletzt einer leichten Kuppel, an deren Seite sechs zarte Spitzen emporsteigen, Ruhepunkte gewähren.

• Auf epilog.de am 23. Juli 2017 veröffentlicht

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