Berlin-Anhalter Eisenbahn

Mit Tempo 160 nach Leipzig

Berliner Wirtschaft • Juni 1995

Nach Fertigstellung einer Reihe wichtiger Bauvorhaben im ostdeutschen Schienennetz konnte die Deutsche Bahn AG zum Fahrplanwechsel am 28. Mai 1995 wieder Reisezeitverkürzungen von Zügen von und nach Berlin bekanntgeben. Die Strecke nach Magdeburg geht erst im Dezember in Betrieb.

Die Anhalter Eisenbahn ist zwischen dem Berliner Ring und Leipzig/Halle (Projekt 8 der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit) größtenteils fertiggestellt, so dass die bisherige Umleitung von Zügen entfällt. Die neu gebaute Strecke kann jetzt bis auf einen 30 km langen Abschnitt zwischen Jüterbog und Scharfenbrück durchgehend mit 160 km/h befahren werden. Die IC-Züge zwischen Berlin und Leipzig sparen auf diese Weise 11 Min. und sind jetzt nur noch 110 Min. unterwegs. Da gleichzeitig die Saaltalbahn elektrifiziert wurde, entfallen auf der IC-Linie Berlin-München über Leipzig außerdem zwei Lokwechsel. Damit reduziert sich die Gesamtfahrzeit zwischen Berlin Hbf. und München Hbf. um 34 Min. auf 7.23 Std. Nachdem die 6 km lange Lücke zwischen Spandau und Falkensee wieder mit einem Gleis geschlossen wurde, entfällt für die IC-Züge nach Hamburg der Umweg über Wustermark. Da zwischen Berlin und Hamburg an vielen Stellen weitergearbeitet wird, ändert sich die Fahrzeit von 2.59 Std. aber noch nicht.

Dagegen verkürzt sich die Fahrzeit von Berlin-Lichtenberg nach Frankfurt (Main) mit dem Interregio um 77 Min., da der ausgebaute Streckenabschnitt Neudietendorf–Bebra eine Geschwindigkeit von 160 km/h erlaubt und die elektrifizierte ›Berliner Kurve‹ in Bebra in Betrieb genommen wurde, die ein zeitaufwendiges ›Kopfmachen‹ der Züge im Bahnhof Bebra überflüssig macht. Die direkte Strecke Berlin-Magdeburg über Potsdam und Brandenburg konnte nicht, wie ursprünglich geplant, zum Fahrplanwechsel in Betrieb gehen. Ihre Eröffnung ist für den 17. Dezember vorgesehen. Dann wird sich die Fahrzeit der IC- bzw. ICE-Züge um 6 Min. verkürzen. Bis dahin verkehren die Züge weiterhin über die Umleitungsstrecke über Wiesenburg und Güterglück.

Auf der IC-Linie Berlin–Hannover–Köln–Koblenz gibt es jetzt einen zusätzlichen 2-Std.-Takt von und nach Lichtenberg. Der bisherige Zweig der Linie verkehrt wie bisher alle 2 Std. von und nach Berlin Zoo. Die IC-Züge mit dem Ausgangs- bzw. Endpunkt Lichtenberg fahren via Schönefeld über den Außenring. Von und nach Magdeburg verkehren beide Zweige der Linie in einem festen Stundentakt.

Einige besonders interessante Verbindungen bietet der neue Fahrplan im internationalen Verkehr: Neu eingesetzt wurde eine Tageszugverbindung von Berlin Hbf. nach Krakau über Frankfurt (Oder) und Breslau (Wroclaw), Abfahrt in Berlin 9 Uhr, Ankunft in Berlin 17.26 Uhr Die Fahrzeit nach Breslau beträgt 4.23 Std., nach Krakau 8.10 Std. Erstmals existiert auch eine tägliche Direktverbindung mit dem ICE von Berlin in die Schweiz. Zielpunkt ist Interlaken, das von Berlin Zoo in 10.28 Std. erreicht wird. Nach Amsterdam sind deutliche Fahrzeitverkürzungen zu verzeichnen: Mit dem Interregio wird die Reise um 54 Min. und mit dem D-Zug sogar um 114 Min. kürzer.

Eine dichtere Zugfolge gibt es von Berlin nach Stettin (Szczecin). Interregio-Züge und der Regionalverkehr verbinden beide Städte siebenmal täglich. Erstmals seit mehr als 40 Jahren verkehrt von Berlin ein Zug der Deutschen Bahn nach Swinemünde (Swinoujscie) und zwar jeden Samstag in den Monaten Juni, Juli und August. Ab September wird es keine direkte Bahnverbindung mehr von Berlin nach Kopenhagen über Warnemünde-Gedser geben. Die Dänen machen nun die bereits seit der Wende diskutierten Pläne wahr und stellen den Bahnverkehr zwischen Nykobing/Falster und Gedser ein. In den letzten Jahren war dem Zugverkehr von Berlin nach Kopenhagen durch häufige Wechsel der Fahrlagen und lange Wartezeiten in den Fährhäfen nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden.

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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