Feuilleton

Internationaler Wettlauf im
Central-Skating-Rink in Berlin

Die Gartenlaube • 1878

Unter den vielen in Berlin durch die Neuzeit geschaffenen Etablissements nehmen die sogenannten ›Skating-Rinks‹ eine hervorragende Stelle ein. Es ist eine neue Form, in welcher unsere Jugend, männlichen und weiblichen Geschlechts, ritterliches Spiel übt, und mag man nun über das ›Skaten‹ denken, wie man will, man wird zugestehen, es ist zugleich eine schöne Form, ein Kühnheit, Sicherheit und Grazie erweckendes Spiel.

In der ersten Zeit nach der  Einführung des ›Skating-Rinks‹ – oder warum setzt man nicht im Sinne unseres deutschen Postmeisters: ›Rollschuhbahn‹? – war für die aristokratische und elegante Welt eine Bahn unmittelbar am Tiergarten errichtet, die Träger der klangvollsten Namen der Berliner Gesellschaft rollten dort auf den Holzrädern einher und trieben fröhlich Spiel und Tanz. Das ist vorüber – haben die prinzlichen und fürstlichen Herrschaften den Geschmack daran verloren, oder woran liegt es? Die Bahn ist leer; ich glaube sogar, sie ist ganz eingegangen. Im Central-Skating-Rink zu BerlinIm Central-Skating-Rink zu Berlin. Nach der Natur gezeichnet von H. Lüders. Dagegen sind andere Bahnen aufgetaucht, und von diesen ist eine der glänzendsten der sogenannte ›Central-Skating-Rink‹ in der Bernburgerstraße. Ohne ›Central‹, ›General‹, ›Haupt‹ geht es ja doch nun einmal nicht, versäumt doch der gewöhnlichste Budiker nicht, ›Hauptniederlage‹ über seinen Keller zu schreiben. Kurz, hier tummelt sich allabendlich beim Klang eines großen Orchesters in weiten glanzvollen Räumen eine Welt von jungen Herren und Damen – und solchen, die es sein möchten, auf knarrenden Räderschuhen. Hier hat auch der Sport schon seine schönsten Blüten getrieben und rollende Künstler auf dem Gebiete des ›Skatens‹ erstehen lassen.

Was Wunder also, wenn sich hier auch das Wettlaufen entwickelte! Eine Anzahl der allezeit wettlustigen Söhne Albions ist nun jüngst herübergekommen, um sich mit deutschen oder speziell Berliner Läufern zu messen. Das ist auch geschehen. Eine kreisförmige, etwa 600 Meter lange Bahn war der Rennplatz fürs Schnelllaufen, ein abgeteilter Ring derjenige für den Kunstlauf. Bei aller Harmlosigkeit des Spiels hatte es doch etwas Aufregendes, dem Beginne und dem Verlaufe des Rennens zu folgen.

Preisrichter, Starter etc. waren regelrecht am Platze. Fünf Paare, je ein Engländer und ein Deutscher, liefen nacheinander und dann die fünf Sieger gemeinschaftlich um den Ehrenpreis. Ich kann nur von einem Abend berichten, aber an diesem wurden die Engländer im Schnelllauf sämtlich von den Berliner Bürgersöhnen aufs Glänzendste geschlagen; tadellos und ohne Unfall ging das immerhin gefährliche Spiel vonstatten. Bei dem folgenden Kunstlauf siegten dagegen die Engländer. Tusch, Bravos und Lorbeerkränze belohnten hier die Fremdlinge. Stolz auf den eigenen Sieg, anerkannte man doch auch neidlos die Vorzüge der Gegner.

• Auf epilog.de am 23. Oktober 2016 veröffentlicht

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