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IC-Verkehr nach Hamburg

Beschleunigung mit längerer Fahrzeit

Berliner Wirtschaft • September 1995

Die Deutsche Bahn AG hat bekanntgegeben, dass die Fahrzeit der Intercity-Züge zwischen Berlin und Hamburg vom 24. September an von 2 Stunden und 59 Minuten auf dreieinhalb Stunden erhöht wird. Mit dieser außergewöhnlichen Maßnahme will die Bahn eine Beschleunigung der Ausbauarbeiten auf der Strecke zwischen beiden Städten ermöglichen. Ziel ist, die Fahrzeit bereits 1997 auf 2 Stunden und 15 Minuten zu verkürzen und damit die Reisezeit der Vorkriegszeit zu erreichen. Schon von September nächsten Jahres an sollen die Züge mit 2 Stunden und 40 Minuten schneller fahren als heute. Zum Ausgleich für die verlängerte Fahrt verzichtet die DB AG auf den IC-Zuschlag. Wie die Bahn AG berichtet, war der ursprüngliche Zeitplan für den Streckenausbau (Modernisierung, Elektrifizierung und Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h mit Option auf 200 km/h) ohnehin nicht mehr zu halten, da die Bahn selbst das Bautempo eingeschränkt hatte, indem sie die Durchführung vieler schneller Zugfahrten verlangte. Zur Ausweitung der Arbeiten werden vom 24. September an zusätzlich rund 80 km der fast 300 km langen Strecke nur eingleisig zu befahren sein, so dass Züge ausfallen müssen und sich die Fahrzeit für die übrigen deutlich verlängert. Daher werden die IC-Züge nach Hamburg in Berlin-Zoo 32 Minuten früher abfahren als bisher. In Gegenrichtung bleiben die Abfahrten in Hamburg zwar unverändert, aber dafür erfolgt die Ankunft in Berlin 30 Minuten später. Um ausfallende IR-Züge zu ersetzen, halten die IC-Züge in Wittenberge und Ludwigslust. Die bisher durchgehende IC-Linie 7 Dresden–Berlin–Hamburg wird in Berlin getrennt. Anschlüsse zwischen den Abschnitten Dresden–Berlin und Berlin–Hamburg bestehen nicht mehr. Die Interregio-Linie Berlin–Schwerin–Lübeck verkehrt nur noch zwischen Ludwigslust und Lübeck, so dass sich für Reisende von und nach Berlin eine 60 bis 90 Minuten längere Reisezeit ergibt. Die bestehende IR-Linie Berlin–Schwerin–Rostock wird vollständig eingestellt. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Änderungen für den Regionalverkehr im Umkreis Berlins.

Gewonnene Marktanteile gefährdet

Die Beschleunigung der Baumaßnahmen auf der Strecke Berlin–Hamburg, um möglichst rasch attraktive Fahrzeiten auf der Schiene zu erreichen, ist grundsätzlich richtig. Wenn jetzt aber eine spürbare Fahrzeitverlängerung auf dieser wichtigen Strecke eingeführt werden muss und wichtige Direktverbindungen, wie die zwischen Berlin und der Landeshauptstadt Schwerin, entfallen, besteht die Gefahr, dass die Bahn ihre gewonnenen Marktanteile wieder verspielt. Verschlimmert wird die Situation noch dadurch, dass mitten im laufenden Fahrplan das Ruder herumgerissen wird, so dass auch zahlreiche wichtige Anschlüsse verloren gehen. Die Bahn sollte ihre Ausbaupläne für die anderen Strecken noch einmal kritisch überprüfen, damit ein solches Problem nicht noch mal eintritt und Engpässe so rechtzeitig erkannt werden, dass sie im Fahrplan berücksichtigt werden können.

• Hans-Michael Drutschmann

• Auf epilog.de am 1. Oktober 1997 veröffentlicht

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