Handel & IndustrieDruck & Papier

Erkennungsmittel von Pergamentpapier und imitiertem Pergamentpapier

Polytechnisches Journal • 4.6.1890

Viele der in neuester Zeit im Handel befindlichen sogenannten Pergamentpapiere haben im Aussehen sehr wenig Unterschied voneinander, in den Eigenschaften aber ist der Unterschied um so größer. Das Pergamentpapier, wie es schon lange im Handel ist und zum Einpacken feuchter Gegenstände benutzt wird, hat zum Zweck, diese vor dem Austrocknen zu schützen, und die Eigenschaft, dass es von Wasser nicht aufgeweicht wird, so dass es feucht und trocken nahezu die gleiche Festigkeit hat. Diese Eigenschaft erhält das Papier dadurch, dass bei der Pergamentierung die Faser zu gallertartiger Masse aufquillt, so dass nach dem Auswaschen und Trocknen die ganze Fläche als aus einer Masse bestehend betrachtet werden kann. Wird dieses Papier eingerissen, so lassen sich selbst mit dem schärfsten Instrument auf dem Risse keine Fasern erkennen. Das transparente glasige Aussehen, die Härte des Papiers waren früher Haupterkennungsmittel für Pergamentpapier. Mit der Ausdehnung der Fabrikation des Sulfitzellstoffes wurde auch dessen Anwendung für Pergamentpapier immer größer und ist es hauptsächlich auf Mitscherlichsche Art hergestellter Stoff, der hierzu Verwendung findet.

Wird dieser Stoff möglichst dick im Holländer eingetragen und auf stumpfem Grundwerk gemahlen, so wird Papier erhalten, welches genau das gleiche transparente Aussehen hat wie Pergamentpapier. Durch Behandeln der Faser im Holländer mit Schwefelsäure, Chlorzink usw. quillt die Faser etwas auf, so dass das Aussehen dem wirklichen Pergamentpapier noch ähnlicher wird. Dieses gegen die Fabrikation des wirklichen Pergamentpapiers so vereinfachte Verfahren gab Anlass, dass dieses Papier jetzt in weit ausgedehnterem Grad Verwendung findet als früher, indem das Fabrikat als imitiertes Pergamentpapier, Pergamin, ja auch als Pergamentpapier in den Handel gebracht wird. Es handelt sich bei dem imitierten Pergamentpapier jedoch nur um das Aussehen, die Eigenschaften des Pergamentpapiers hat dieses nicht, weil die Fasern wie bei jedem anderen Papier vorhanden sind, weshalb es auch die Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Wasser nicht haben kann: mit feuchten Stoffen zusammengebracht, weicht es auf und reißt.

Wenn imitiertes Pergamentpapier auch für eine Menge Zwecke genügt, für viele ist es von Belang, ein einfaches Erkennungsmittel zu haben, durch welches sich Pergamentpapier von imitiertem Papier unterscheiden lässt. Hierfür genügt, dass das zu prüfende Papier in fingerbreite Streifen geschnitten wird, welche kurze Zeit in heißes Wasser getaucht werden. Das Pergamentpapier leistet dem Aufweichen Widerstand, es behält nahezu die gleiche Festigkeit, welche es trocken hat, nach dem Zerreißen ist die Rissfläche glatt wie abgeschnitten, beim Betrachten mit der Lupe zeigt sich dieselbe etwas zackig. Das imitierte Pergamentpapier wird in den meisten Fällen beim Einwirken des Wassers aufweichen und zum Zerreißen des Streifens ist wenig Kraft erforderlich. Auf der Rissfläche aber lassen sich mit bloßem Auge deutlich die einzelnen Fasern erkennen, wie dieselben im Papier gelagert sind, noch deutlicher aber, wenn eine Lupe verwendet wird. Es sollte diese schon deshalb zur Probe benutzt werden, weil der Sulfitstoff um so mehr das Aussehen von Pergamentpapier zeigen wird, je schmieriger derselbe gemahlen ist, so dass die Faserbündel in möglichst feine Fasern zerteilt werden.

Wenn es gelungen ist, das imitierte Pergamentpapier in Aussehen und Eigenschaften dem Pergamentpapier ähnlich herzustellen, so bleibt der Unterschied zwischen beiden immer noch so groß und die Anforderungen, welche an Pergamentpapier gestellt werden, sind so bedeutend und genau präzisiert, dass das angegebene Erkennungsmittel immer benutzt werden sollte, will man nicht durch eigenen Schaden klug werden.

• Dr. E. Muth

• Auf epilog.de am 12. September 2017 veröffentlicht

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