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Eine interessante Erfindung aus dem Gebiete der modernen Gartenkunst

Die Gartenlaube • 1876

Eine interessante Erfindung aus dem Gebiete der modernen Gartenkunst wurde in letzter Zeit von Dänemark aus allen Gärtnern und Gartenfreunden mitgeteilt und mit Recht allseitig als vollkommen anerkennenswert begrüßt. Es ist dies eine unscheinbare, aber praktische Maschine, durch welche sich jeder Pflanzenzüchter ganze Massen der notwendigsten kleinen Blumentöpfe selbst herstellen kann.

Das Material ist überall leicht zu haben und nichts Anderes als Kuhmist und eine feingesiebte leichte Erde. Diese beiden Dinge werden (ohne Zusatz von Wasser) zu einem zähen Teig geknetet, aus welchem durch einen nur einigermaßen geschickten Arbeiter täglich fünf- bis achthundert Stück kleine Töpfe vermittelst der oben erwähnten Maschine geformt werden können. Die Töpfchen werden an der Sonne oder in einem durch Feuer erwärmten Raume in kurzer Zeit getrocknet und sind nach Verlauf von vierundzwanzig bis dreißig Stunden brauchbar. Die vielen Vorteile, welche diese kleinen Töpfe jedem Gärtner und Privatliebhaber, aber am meisten den darin kultivierten Pflanzen bieten, sind leicht zu erkennen. Ersteren ersetzen sie die teueren und zerbrechlichen irdenen Töpfe vollkommen für den ersten Zeitraum der Kultur, und die Kosten der Herstellung sind fast für Nichts zu rechnen; die jungen Pflanzen aber, seien es nun die allbekannten und tausendfach verlangten sogenannten Teppichbeetpflanzen oder junge Gehölze oder Sämlinge, deren Samen man in diese Töpfchen legte, wie Gurken, Melonen, Erbsen und Bohnen und viele derartige, die das Versetzen nicht leicht ertragen, befinden sich darin ganz vortrefflich.

Ist nämlich die Zeit des Auspflanzens gekommen, so setzt man einfach die Pflanzen samt den Töpfen in den Boden. Dieser erweicht die Töpfe baldigst, und die Wurzeln können ungehindert hinaus und in das umgebende Erdreich eindringen, während sie durch die sich auflösende Topfmasse noch ernährt werden. Der Schreiber dieser Zeilen benutzt seit Monaten die erwähnten Töpfe zu den mannigfachsten Kulturen und möchte Gärtner und Gartenfreunde zu Nachahmungen ganz besonders ermuntern, um so mehr, da ein jeder Pflanzenzüchter durch eigene Erfahrung nach und nach die verschiedenste Verwendung dieses so billigen Materials für seine Lieblinge finden wird. Es unterliegt keinem Zweifel, dass nach allgemeinem Bekanntwerden und nach Erprobung der vielen unbestreitbaren Vorteile dieser Töpfchen auch Verbesserungen und Vervollkommnungen der allerdings im Augenblicke noch nicht ganz tadellosen Maschinen bekanntwerden müssen, vermöge deren man z. B. eine größere Festigkeit und schönere Form der Töpfe erzielen könnte. Bis dahin aber möchte ich jedem Freunde der schönen Gartenkunst diese Maschinen, deren man, außer in Dänemark, auch bereits bei deutschen Gärtnern und Mechanikern um einige Mark erhalten kann, zu Versuchen bestens empfehlen; denn es ist gewiss, dass seit langer Zeit auf dem Gebiete der gesamten Gartenkunst kaum etwas Praktischeres eingeführt wurde.

• C. H. Wesener, Obergärtner.

Entnommen aus dem Buch:
Die ›Zeitreisen‹ knüpfen an die Tradition der Jahrbücher wie ›Das neue Universum‹ oder ›Stein der Weisen‹ an. Eine bunte Auswahl von Originalartikeln begleitet den authentischen und oft überraschend aktuellen Ausflug in die Geschichte.Kultur- und Technikgeschichte aus erster Hand, behutsam redigiert, in aktueller Rechtschreibung und reichhaltig illustriert.
  PDF-Leseprobe € 18,90 | 196 Seiten | ISBN: 978-3-7543-9786-2

• Auf epilog.de am 10. September 2016 veröffentlicht

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