FeuilletonReisen

Ein Besuch auf Spitzbergen

Die Gartenlaube • 1897

Voraussichtliche Lesezeit rund 8 Minuten.

Die großartige Schönheit des Sörfjord hatten wir kennengelernt, die Riviera des Nordens, das liebliche Molde, die Majestät des Romsdals bei Naes, die Krönungsstadt Trondheim; an dem tranduftenden Hammerfest war unser schwimmender Palast, die ›Auguste Viktoria‹, vorübergezogen, und das finsterdräuende Nordkap hatten wir bestiegen. Nun ging es Spitzbergen zu. So hoch, hoch hinauf – »über die Landkarte hinaus«, sagten einige, hinter denen der Geografieunterricht schon dreißig und vierzig Jahre lag. Das Interesse an Spitzbergen ist ja allerneuesten Datums, und wer diesem Eiland, das Nansen und Andere zum Gesprächsstoff der ganzen Welt gemacht haben, zueilt, der kann sich eigentlich als auf der Höhe der Situation befindlich ansehen. Dieses Gefühl trug denn auch die Mehrzahl der Reisenden, welche die ›Auguste Viktoria‹ von der Hamburg-Amerika-Linie an Bord hatte, stolz in der Brust. Aber es wurde allgemach ein wenig gedämpft und eingedämmt, denn wir bekamen unruhigen Seegang und nicht alle stolzen Menschlein waren seefest. Das Wetter wurde ›dick‹, wie es nautisch heißt, wenn wir Landratten es als stark neblig bezeichnen. Das Nebelhorn schrillte unausgesetzt. War es einmal etwas aufgeklärter, so war das Auftauchen von Walfischen und schwimmenden und stehenden Eisbergen das einzig Interessante. Ein norwegisches Postschiff irrte schon drei Tage im Nebel herum und fragte bei uns an, wohin es seinen Kurs zu nehmen habe. Es hatte das gleiche Ziel wie wir: Die Adventbai.

»Kommen wir überhaupt hin?« ging es besorgt von Mund zu Mund. »Wenn die Zeit vorüber ist, welche programmmäßig für Spitzbergen gestellt ist, werden wir’s aufgeben müssen!« Und es gab sogar solche, die Vorschläge machen wollten, dass man umkehre. Die stöhnenden Rufe des Nebelhorns, langsames Fahren, Stoppen, blieben bedenkliche Symptome.

Da erschien am 10. Juli nachmittags ein Anschlag vom Kapitän: »Das Schiff liegt dicht an der Küste von Spitzbergen vor Anker, so wie das Wetter aufklart, wird die Reise fortgesetzt.«

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• Auf epilog.de am 25. September 2016 veröffentlicht

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