Forschung & TechnikTechnik

Ein Herz für Tiere

DLR entwickelt Infrarot-Wildretter

tvi.ticker • 10. Juni 1998

Jährlich werden allein in den alten Bundesländern 420 000 Wildtiere bei der Ernte von Mähwerken erfasst, verstümmelt oder getötet – Rehkitze, Junghasen, Fasane, Rebhühner und andere Bodenbrüter gleichermaßen. Bisher sind alle Versuche gescheitert, den Tieren dieses Leid zu ersparen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen hat nun ein Gerät entwickelt, das bei der Ernte mit Infrarot-Sensoren das Wild aufspürt und ihm Überleben und Unversehrtheit sichert. Der Prototyp wurde bereits mit Erfolg im Gelände getestet, er soll nun mit der Industrie zur Serienreife entwickelt werden. Infrarot-Sensoren wurden bisher beim DLR in der Raumfahrt verwendet, hauptsächlich zur Fernerkundung und um Wärmebilder der Erde zu erstellen.

Infrarot-Sensoren spüren Tiere auf

Je höher die Temperatur eines Körpers ist, umso mehr Wärme strahlt er ab. Diese sogenannte Infrarot-Strahlung kann mit Sensoren wahrgenommen und gemessen werden. Sie registrieren Temperaturunterschiede und können so beispielsweise warme Tierkörper in einer deutlich kühleren Wiese anzeigen. Das neuentwickelte Gerät arbeitet mit maximal 16 Infrarot-Sensoren, die einen bis zu acht Meter breiten Wiesenstreifen abtasten. Erfasst einer der Sensoren einen warmen Körper, so ertönt ein Warnsignal. Ein optisches Signal zeigt dem Benutzer zusätzlich, welcher Sensor angesprochen hat und wo ein Tier liegt.

Am Mähwerk sind die Sensoren an einem Ausleger montiert, der bereits den nächsten Mähstreifen absucht. Dadurch bleibt dem Landwirt genug Zeit, Schlepper und Mähwerk notfalls anzuhalten. Durch eine modulare Bauweise lässt sich der Prototyp auch für andere Einsätze ohne großen Aufwand anpassen. So kann das Gerät beispielsweise auch von einer Person getragen werden.

Von der ersten Idee bis zum Prototyp

Die Idee, Infrarot-Sensoren für die Rettung von Tieren einzusetzen, stammt aus dem Institut für Optoelektronik des DLR, das auch ein Patent für das Gerät hat. Der Prototyp wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für elektrische Messtechnik der Technischen Universität München entwickelt. An der Entwicklung der mechanischen Trägerkonstruktion für die Infrarot-Sensoren beteiligt sich das Institut für Landtechnik der Technischen Universität München in Freising-Weihenstephan.

Der Prototyp auf dem Weg zur Serienreife

In diesem Frühjahr setzten der bayerische und der oberösterreichische Landesjagdverband sowie die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung in Nordrhein-Westfalen mehrere Testgeräte mit ersten Erfolgen ein. Der Prototyp soll nun in ein serientaugliches Produkt umgesetzt werden. Dies will das DLR in Kooperation mit einem klein- oder mittelständischen Unternehmen realisieren.

Zielgruppen für den Wildretter

Anwender und Nutznießer für den Infrarot-Wildretter werden Landwirte, Jäger, Naturschutzverbände, Behörden und Forschungsinstitute gleichermaßen sein. Nicht nur der Tierschutz oder die Bestandspflege und -erfassung in Wildrevieren sind hierbei ausschlaggebend. Auch für Landwirte gibt es handfeste wirtschaftliche Gründe beim Einsatz der Infrarot-Wildretter. Geraten Tiere oder Körperteile von ihnen ins Mähgut, verdirbt das Futter - ein idealer Nährboden für Bakterien. Milchkühe und Mastrinder, die solch verdorbenes Futter fressen, können erkranken. Bei Kartierungen und Wildzählungen leistet der Infrarot-Wildretter ebenfalls gute Dienste. Deshalb zeigen auch Naturschutzverbände, Behörden und Forschungsinstitute großes Interesse an diesem Gerät.

Quelle:  Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt

• Auf epilog.de am 17. Juni 1998 veröffentlicht

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