Bau & ArchitekturTunnel

Beaumonts Tunnelbohrmaschine

Zentralblatt der Bauverwaltung • 9.6.1883

Nachstehend bringen wir eine Beschreibung und eine Skizze der sinnreich entworfenen, durch ihre Verwendung zum Vortreiben der beiden Richtstollen des Kanaltunnels sehr bekanntgewordenen Beaumontschen Bohrmaschine. Sie beruht auf dem Prinzip des Zentrumbohrers und macht, indem sie durch die Umdrehung eines entsprechend geformten mächtigen Bohrkopfes den ganzen Stollenquerschnitt von 2,10 m Durchmesser auf einmal erbohrt, jede Sprengarbeit überflüssig. Dies Verfahren ist natürlich nur in sehr gleichmäßigem und mildem Gestein, wie es au der für den Kanaltunnel gewählten Stelle durchweg vorhanden ist, mit Erfolg anwendbar.

Das eigentliche Werkzeug, der Bohrkopf A, hat die Form eines T, an dessen Querbalken eine Reihe von Schneidstühlen in ähnlicher Weise befestigt ist, wie das Werkzeug an einer Drehbank oder Hobelmaschine. Diese Schneidstühle graben sich, durch hydraulischen Druck vorgetrieben, beim Drehen des Kopfes in das Gestein und sprengen dasselbe in kleinen Stücken los. Die Länge des Querbalkens ist natürlich gleich dem Durchmesser des zu erbohrenden Stollens. Im Übrigen besteht die Maschine aus zwei Hauptteilen, nämlich aus dem die arbeitenden Mechanismen tragenden und während des Bohrens fest verspannten Gestell B und aus dem darauf gleitenden Bohrapparat C mit dem Motor D, welche mit dem Bohrkopf A während der Arbeit allmählich gegen die Brustfläche des Stollens vorrücken. Sind C und D am Ende ihres Hubes angelangt, so wird der Bohrkopf A zwischen den Stollenwänden eingespannt, das Gestell B gelöst, vorgeschoben und wieder befestigt; sodann wird A gelöst und die Arbeit kann von neuem beginnen.

Beaumonts TunnelbohrmaschineBeaumonts Tunnelbohrmaschine.

Das aus starkem Eisenblech und aus Winkeleisen zusammengesetzte Gestell hat äußerlich die Form eines Zylinderabschnitts, dessen Durchmesser nahezu dem des Bohrloches gleich ist. Die Kanten des Gestelles sind als Gleitflächen für den Bohrapparat ausgebildet, und zwar so, dass beim Heben des Apparates das Gestell mit gehoben wird. Der Bohrkopf A wird vermittelst der mächtigen stählernen Welle F durch eine zweizylindrige, mit Luft von zwei Atmosphären Druck betriebene Maschine in Drehung versetzt, deren Geschwindigkeit von 100 Umdrehungen in der Minute durch ein zwischengeschaltetes System von Zahnrädern auf 1 ½ Umdrehungen der Bohrwelle ermäßigt wird. In derselben Zeit rückt der Bohrkopf um ungefähr 3 cm vor. Die letztere Bewegung wird dadurch herbeigeführt, dass die Bohrwelle mit dem Kolben einer doppeltwirkenden hydraulischen Presse in Verbindung gesetzt ist, deren Zylinder an dem Gestell B befestigt ist. Die Gesteintrümmer fallen in einen am Bohrkopf angebrachten Kasten, aus welchem sie vermittelst eines trichterartigen Ausgusses in ein Paternosterwerk G G geschüttet werden, das sie nach einem an der Rückseite der Maschine aufgestellten Wagen schafft. Der Hub des Bohrkopfes beträgt etwa 1,35 m. Das Vorschieben des Gestells nach beendetem Hub wird in der Weise bewirkt, dass nach Einspannung des Bohrkopfes und Lösen des Gestells Bohrapparat und Motor mit Hilfe von Schraubenwinden um etwa 3 cm gehoben werden. Hierdurch wird das Gestell mit gehoben und kann nun auf den seine Gleitflächen umfassenden konsolartigen Ansätzen H H des Apparates leicht durch Umsteuern des Kolbens der hydraulischen Presse vorgeschoben werden. Es sollen hierzu nur wenige Minuten erforderlich sein. Mit Berücksichtigung der hierdurch herbeigeführten Aufenthalte ergibt sich für die auf der französischen Seite des Kanals in Arbeit befindliche Maschine ein stündlicher Stollenfortschritt von durchschnittlich 0,95 bis 1,0 m. Die auf der englischen Seite arbeitende, weniger vollkommene Maschine vermag dagegen nur etwa 0,75 m in der Stunde zu erbohren.

• Auf epilog.de am 6. September 2017 veröffentlicht

Reklame